Kunststoff / Produktentwicklung / Produktion

22. Juli 2014
Leichtbau mit Vernunft (Foto: EMS-GRIVORY)

Leichtbau mit Vernunft

08.07.2014 / EMS-GRIVORY. Bei der Analyse vieler Bauteile fällt auf, dass die Spannungsverteilung extrem heterogen ist und Spannungsspitzen nur in begrenzten Bereichen auftreten. Diese Maximalspannungen in Kombination mit den geforderten Betriebstemperaturen sind aber Auswahlkriterium für den Werkstoff des Gesamtbauteils. Oftmals werden durch die Kombination hoher Spannungen und hoher Temperaturen Werkstoffe nötig, die eine wettbewerbsfähige Lösung im Vergleich zu schweren Metallen nicht zulässt.
EMS hat einen Lösungsansatz entwickelt, bei dem die heterogenen Spannungsverteilungen im Bauteil durch die Kombination von verstärkten Polyamiden mit unidirektional verstärkten Tapes kompensiert werden. Die Tapes werden gezielt und nur dort im Bauteil eingebracht, wo eine lokale Verstärkung die Maximalbelastungen reduzieren kann. Diese Tapes werden auch in Richtung der Maximalkräfte eingebracht und nutzen somit alle Verstärkungsfasern optimal genau dort wo sie benötigt werden.

Analysen und Simulation

Begonnen wird mit einer Bauteilanalyse zur Bestimmung der Spannungen und der Richtungen der Hauptkräfte im Bauteil. Damit kann eine Strategie erarbeitet werden, wo, in welchem Umfang und in welcher Richtung die Tapes in das Bauteil integriert werden sollen. Eine weitere Spannungsanalyse überprüft dann anschliessend, ob mit den lokal verstärkten und gezielt anisotropen Werkstoffdaten die geforderten Eigenschaften (Verformungen, Festigkeiten) des Bauteils erreicht werden können. Eine Füllsimulation verdeutlicht abschliessend, welche Bedingungen (Druck, Temperatur, Richtung) die Schmelze in den Bereichen aufweist, in denen die eingelegten Bänder mit dem Spritzgussmaterial verbunden werden sollen. Die Verbindung wird in der Regel durch die Energie des Spritzgussmaterials durch Verschweissen mit der Tape-Oberfläche erzielt.

Einlegen in Werkzeugform

Durch die Analyse der Tape-Position kann nun ein Werkzeugkonzept erarbeitet werden, das die Verbindung der Verstärkungsbänder im Bauteil in vollautomatischen Prozessen sicherstellt. Je nach Geometrie und nach Position können die Tapes in das Spritzgusswerkzeug als lineare oder radiale Einleger eingebracht oder nachträglich auf das Bauteil aufgeschweisst werden. Im einfachsten Fall können abgelängte Tapes in die Kavität eingelegt werden. Die Tapes sollen sich aber in jedem Fall an einer Werkzeugwandung anlegen können, um sie lagesicher während des Füllvorgangs halten zu können. Verfahren zur automatischen Herstellung von Vorformlingen (Spiralen, Konturen, Geraden) sind entwickelt worden, um Einleger an die Bauteilgeometrie anzupassen und durch Roboter einlegen zu können.

Bruchspannung von 400 MPa

Das Leistungspotenzial der lokalen Tape-Verstärkung kann durch zweiseitiges Umspritzen von Tapes aufgezeigt werden. Hierbei werden zwei mit jeweils 30% Endloskohlenstofffasern verstärkte Tapes mit unterschiedlichen Spritzgussmaterialien (Grivory GV-5H, Grivory GCL-4H und Grivory GVL-6H der EMS) hinterspritzt. Es ergeben sich Bruchspannungen von 400 MPa bei einer gleichzeitigen Dichtereduktion. Dies sind Werte, die mit konventionellen Werkstoffen unerreichbar erscheinen. Die beidseitig umspritzten Tapes eignen sich als Zugelement oder als Biegeträger und weisen neben der extrem hohem Festigkeit zusätzlich eine extrem hohe Linearität bei Belastung auf. Kriechverformungen – selbst bei 200 MPa im Biegeversuch über mehr als ein Jahr – sind praktisch nicht messbar und liegen jetzt auf oder sogar über dem Niveau von metallischen Werkstoffen. Die Tape-Verstärkung wirkt sogar über Bindenähte hinweg.

Vorstoss in neue Bereiche

Die Kombination von verstärkten Polyamiden mit gezielt lokal eingebrachten, quasi endlosfaserverstärkten Tapes öffnet das Potenzial der Metallsubstitution in bisher nicht erreichbare Bereiche. Mit relativ geringem Materialaufwand können sehr leichte Bauteile entwickelt werden. Durch die hohen Eigenschaften kann das Bauteilvolumen reduziert werden, geringere Wanddicken gestatten damit auch kürzere Zykluszeiten und insgesamt weniger Gewicht.

Das Zusammenspiel der Bauteilanalyse mit einer geeigneten Prozess- und Werkzeugtechnik sowie den passenden Polyamid-Werkstoffen ist für den Erfolg notwendig und wird als EMS Tape Technologie (ETT) angeboten.

Weitere Informationen:

EMS-GRIVORY


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